Buchhändler und Verleger, * 18. Mai 1817 in Berlin, † 17. April 1877 in Berlin.

Kindheit und Jugend

Die ursprünglich jüdische Familie Springer stammte aus Frankfurt/Oder. Julius Springers Vater Isidor erwarb nach dem Bürgerrecht in Berlin 1813 zwei Jahre später eine Konzession als Kaufmann. Seine Ehefrau Marianne brachte am 10.05.1817 ihr einziges Kind Julius zur Welt und starb kurz darauf an Kindbettfieber. Die Pflege des Kindes übernahm anfangs die Großmutter mütterlicherseits, ehe der Vater den kleinen Julius schon mit drei Jahren in ein Internat, die Cauer'sche Anstalt, gab. Ab 1829 besuchte er das Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin; in diese Zeit fällt auch sein Übertritt zum protestantischen Christentum. Das Gymnasium verließ er 1832 mit dem Zeugnis der Untersekunda, was sich in etwa mit der heutigen mittleren Reife vergleichen lässt.

Auf dem Weg zur eigenen Buchhandlung

Danach nahm er in der Enslin'schen Buchhandlung eine Buchhandelslehre auf, die er 1836 abschloss. Darauf ging er (zu Fuß !) unter anderem über Heidelberg nach Zürich, um dort Arbeitserfahrung zu sammeln. Der Kanton Zürich hatte seit kurzem eine demokratische Verfassung und stand somit in deutlichem Kontrast zum Obrigkeitsstaat Preußen. Hier hatte Springer reichlich „Gelegenheit, sein Gefühl für Freiheit, Recht und Öffentlichkeit auszubilden“, wie seine spätere Frau Marie in ihren Lebenserinnerungen schreibt. Springer wurde vom Geist in Zürich tief geprägt und lernte dort die Exilanten Herwegh und Büchner kennen. Schon jetzt trug er sich mit dem Gedanken, selbst eine Buchhandlung zu eröffnen. Nach zwei Jahren in Zürich wechselte er nach Stuttgart, um mit einem größeren Buchsortiment zu arbeiten, ehe er nach einem kurzen Arbeitsaufenthalt in Paris über Belgien in seine Heimatstadt zurückkehrte.

Die frühen Jahre als Unternehmer

In Berlin erwarb er 1842 die Konzession für eine Sortimentsbuchhandlung. Die Zeit schien einem solchen Geschäft günstig, wuchs Berlins Bevölkerung doch ungebremst weiter und versprach Verlegern und Buchhändlern umfangreiche und weiterhin wachsende Kundenkreise.

Springer führte nicht nur die Buchhandlung, sondern wirkte auch als Kommissionär und belieferte nach kurzem mehr als 30 Buchhändler in Mecklenburg, Pommern, West- und Ostpreußen, Posen und Schlesien. Daneben firmierte er wie andere Buchhändler auch als Verleger. Wie damals üblich, war sein Verlagsprogramm zunächst sehr breit angelegt. Als politisch Liberaler publizierte er neben Universitätsschriften u. a. Flugblätter und Streitschriften, Einblattdrucke und Karikaturen („Der deutsche Michel“, 1842) sowie Jugendschriften. 1843 wurde der Emmentaler Pfarrer Albert Bitzius Verlagsautor, der unter dem Pseudonym „Jeremias Gotthelf“ seine frühen erfolgreichen Werke bei Springer publizierte. Springers frühen Zeitschriften „Der Staat, Monatsschrift für öffentliches Leben“ (1843/44) sowie „Berliner Blätter“ (1844) wurden aufgrund von Zensurmaßnahmen allerdings so schnell wieder eingestellt, dass sie in der entsprechenden Sekundärliteratur keine Spuren hinterlassen haben.

Der kritische Bürger

Springer bot in seinem Verlag kritischen Geistern eine Plattform, so dass auch er selbst zur Verantwortung gezogen werden sollte, als die Zensurbehörde juristisch dagegen vorging. Das erste Verfahren gegen ihn wegen „Preßvergehens“ endete in einem Freispruch, der nächste Prozess allerdings mündete im Frühjahr 1848 in ein Urteil, das dreimonatige Festungshaft bedeuten sollte. Hierbei jedoch retteten die Umwälzungen der Zeit den jungen Verleger vor Antritt der Haft: Die Barrikadenkämpfe im März 1848 endeten mit einem Sieg der Aufständischen über den preußischen König, woraufhin politische Strafen amnestiert wurden. Springer blieb nicht nur ein freier Mann, er wurde von seinen Mitbürgern sogar zum Stadtverordneten gewählt. Allerdings musste er sich wie sie den stärkeren Mächten fügen, als im Spätjahr die Truppen unter General Wrangel die Revolution in Berlin beendeten. Ein kritischer Geist ist Springer jedoch geblieben: Drei Jahre nach der Revolution wurde er wegen Verstößen gegen die Zensurgesetze in Untersuchungshaft genommen, das Verfahren wurde jedoch eingestellt. Aufgrund schärferer Zensurbestimmungen ließ der Verleger danach größere Vorsicht walten.

Spezialisierung des Verlags

Zu Beginn seines Bestehens war der Verlag thematisch breit aufgestellt. Springer veröffentlichte Jugendbücher und weiterhin Schriften zur Politik. Das schöngeistige Programm blieb jedoch eine Anfangsepisode, als bekannter belletristischer Autor ist neben dem genannten Bitzius/Gotthelf nur Fontane zu vermerken, der bei Springer seine schottischen Reiseerinnerungen „Jenseit des Tweed“ veröffentlichte. Der allgemeinen Tendenz auf dem Buchmarkt folgend, setzte Springer ab 1850 in einer Programmspezialisierung auf land- und forstwirtschaftliche, ökonomische, juristische, historische und technische Fachbücher: So erschien 1851 die bahnbrechende „Kurze Darstellung der an den preussischen Telegraphen-Linien mit unterirdischen Leitungen bis jetzt gemachten Erfahrungen“ des jungen Ingenieurs Werner Siemens (1816–92). Ein Schwerpunkt von Springers Veröffentlichungen lag auf dem Gebiet der Pharmazie. Zum Jahreswechsel 1857/58 veräußerte Springer seine Buchhandlung, wodurch er „nur“ noch Verleger war. Die Tendenz zum Wissenschaftsverlag verstärkte sich weiter, als Springer 1866 seine Jugendschriftensparte an einen Mitbewerber verkaufte.

Funktionär und Familienvater

Julius Springer engagierte sich vielfältig: In den Fachblättern des deutschen Buchhandels trat er mit vielen Veröffentlichungen hervor, 1867-73 war er sogar Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. In dieser Funktion gelang es ihm, vielfältig Einfluss zugunsten der Verlage zu nehmen. Der größte Erfolg war hier wohl ein neues Urhebergesetz, das die Verlage in verschiedener Hinsicht besserstellte und vorherige Rechtsunsicherheiten beseitigte. Die Grundlagen hierzu wurden 1871 während der Tagung einer Expertenkommission in Heidelberg gelegt. Auch dem Engagement für seine Heimatstadt blieb er treu, wiederholt wurde er in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Darüber hinaus wirkte er im Kirchenrat der Sophiengemeinde in Berlin.
1845 hatte er Marie Oppert (Oppenheim) (1826–1907) geheiratet. Mit ihr hatte er zehn Kinder, von denen sieben im Kindesalter starben. Der älteste Sohn, Ferdinand d. Ä., wurde 1872 als Mitinhaber in den Verlag aufgenommen. Neben ihm hatten Julius und Marie Springer zwei weitere Söhne, die die Eltern überleben sollten.
Anfang 1877 trat dann ein schweres Magenleiden bei Springer auf, das sich im Lauf des Jahres verschlimmerte, zumal er wenig Neigung zeigte, die Geschäfte ruhen zu lassen. Am 17. April starb dann Julius Springer nach mehrtägigem Leiden im Alter von sechzig Jahren.

Der Verlag nach Julius Springer

Ferdinand holte 1880 seinen jüngeren Bruder Fritz und somit naturwissenschaftlich-technischen Sachverstand in die Firma. Ferdinand hatte eine Buchhandelslehre absolviert und Fritz hatte am Polytechnikum in Karlsruhe Maschinenbau studiert. Die Ausbildungswege der beiden Brüder ergänzten sich vortrefflich und gaben dem Verlagsprogramm die bis heute gültige naturwissenschaftlich-technische Ausrichtung, besonders mit Medizin, Biologie, Mathematik, Physik, Chemie und Technik. Neben zahlreichen wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen bei Springer auch etliche Verbandszeitschriften.
150 Jahre blieb der Verlag trotz zeitweiliger Arisierung im Dritten Reich in Familienbesitz. Heute ist Springer Nature AG & Co. KGaA eine der führenden Verlagsgruppen in den Bereichen Wissenschaft, Technik und Medizin in der Welt.

Julius-Springer-Schule

Die Handelslehranstalt II Heidelberg wurde 1987 in Julius-Springer-Schule umbenannt. Sie ist die einzige Schule, die seinen Namen trägt.

In Baden-Württemberg gibt es neben Berufsschulen in Freiburg und Stuttgart nur die Julius-Springer-Schule, an der BuchhändlerInnen ausgebildet werden.

Quelle: Heinz Sarkowski: Der Springer-Verlag. Stationen seiner Geschichte. Teil I: 1842–1945. Berlin 1992